Antworten zur Aktion „Aufbruch 2017“ von Campact

In den letzten Monaten haben tausende Menschen beim „Aufbruch 2017“ der „Campact“-Aktion in Wohnzimmern, Cafés und unter freiem Himmel darüber diskutiert, welche Aufgaben eine neue Bundesregierung angehen muss. Über 75.000 haben über die Ergebnisse dieser Diskussionen abgestimmt, herausgekommen ist ein Kompass mit 10 Forderungen für demokratischen, sozialen und ökologischen Fortschritt.

Ich habe dazu viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern erhalten. Wir stimmen allen 10 Forderungen zu. Hier meine Antwort zu den 10 Punkten:

1. Das Gesundheitssystem nachhaltig und gerecht gestalten. Eine umfassende Bürgerversicherung muss unsere Gesundheitsversorgung auf eine tragfähige Grundlage stellen und die Zwei-Klassen-Medizin beenden.

Die Position der LINKEN:
DIE LINKE will eine Solidarische Gesundheitsversicherung, paritätisch von Arbeitgebern und Beschäftigten finanziert. Alle in Deutschland lebenden Menschen werden Mitglied und zahlen entsprechend ihres gesamten Einkommens ein, auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige. Versicherte mit einem Einkommen oberhalb der bisherigen Beitragsbemessungsgrenze werden mit ihrem gesamten Einkommen in die solidarische Finanzierung einbezogen. Das Prinzip lautet: Alle zahlen ein, damit es für alle besser und bezahlbar wird. Zuzahlungen und Zusatzbeiträge fallen weg. Die Beiträge sinken von jetzt durchschnittlich 15% auf dann unter 12%. Und die Finanzierung der Krankenhäuser kann wieder bedarfsdeckend erfolgen. In der Pflege können 100 000 Stellen geschaffen werden. Wir wollen Krankenhäuser stärker für die ambulante Behandlung öffnen und moderne Versorgungskonzepte gerade für die ländlichen Räume verwirklichen. Dazu sollen Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte stärker miteinander kooperieren, auch von den Kommunen zu schaffende Versorgungszentren und Polikliniken sollen einbezogen werden.

2. Eine auskömmliche Rente einführen. Altern in Würde braucht eine großzügige Mindestrente. Um sie zu finanzieren, sollten alle Einkommensarten in die Rentenversicherung einbezogen werden.

Die Position der LINKEN:
In Deutschland leben immer mehr Rentner*innen unter der Armutsgrenze. Bis 2030 wird ihr Anteil auf ein Drittel steigen, wenn nicht sofort umgesteuert wird. Wir wollen das Nebeneinander gesetzlicher und privater Vorsorgesysteme beenden. Privat angesparte Rentenansprüche sollen in die Gesetzliche Rentenversicherung überführt werden. Wir wollen das Rentenniveau dauerhaft bei 53% des Durchschnittslohns sichern. Alle Erwerbstätigen sollen in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, auch Beamte, Politiker*innen und Selbständige. Sie soll zu einer echten Erwerbstätigenrente werden. Phasen mit niedrigem Lohn wollen wir bei der Rentenberechnung aufwerten. Das bedeutet für eine Einzelhandelskauffrau mit 1940 Euro brutto 270 Euro mehr Rente. Für jedes Kind wollen wir drei Jahre Erziehungszeit anrechnen. Wer dennoch keine ausreichenden Rentenansprüche erwirbt, soll die Solidarische Mindestrente von 1050 Euro erhalten.

3. Den Bahnverkehr attraktiver machen. Damit niemand den Anschluss verliert, braucht es Investitionen in Busse und Bahnen. Der Staat muss ausreichend in seine Infrastruktur investieren.

Die Position der LINKEN:
Die Fahrpreise im ÖPNV sind für viele zu hoch. Wir wollen deutlich günstigere Fahrpreise, flächendeckend Sozialtickets für einkommensschwache Haushalte, eine Sozial-Bahncard sowie kostenlose Schüler- und Azubitickets. Unser Ziel ist der solidarisch finanzierte Nulltarif im ÖPNV für alle. Er ist wichtiger Teil der von uns angestrebten sozial-ökologischen Mobilitätswende. Hierzu gehören auch strukturelle Änderungen. Statt Milliardeninvestitionen in den umweltschädlichen Flug- und Straßenverkehr, wie sie der kürzlich beschlossene Verkehrswegeplan 2030 vorsieht, wollen wir den schienengebundenen Personen- und Güterverkehr in den Mittelpunkt stellen. Wir wollen den Ausbau des kommunalen ÖPNV finanzieren. Wir treten für kommunale, demokratisch kontrollierte Verkehrsunternehmen ein. Wir wollen eine Mobilitätsgarantie für die ländlichen Räume, lokale Zentren müssen im Stundentakt erreichbar sein. Die Deutsche Bahn AG muss auf das Gemeinwohl verpflichtet werden, und nicht auf einen Bilanzgewinn. Privatisierung und Deregulierung beim Eisenbahnbetrieb wollen wir rückabwickeln und diese zentrale Infrastruktur wieder vollständig in öffentliche Hand überführen. Statt teurer Prestigeprojekte wie Stuttgart 21 brauchen wir den Erhalt und Ausbau des Schienennetzes und seine weitere Elektrifizierung – die effektivste Form der Elektromobilität ist und bleibt der Schienenverkehr. Unser Ziel ist eine demokratische Bürgerbahn mit echter Mitbestimmung für Beschäftigte und Bahnkunden.

4. Lobbyismus bekämpfen, z.B. durch ein zentrales Lobbyistenregister. Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister schafft Transparenz: es macht ersichtlich, wer auf welchem Weg versucht, demokratische Entscheidungen zu beeinflussen.

Die Position der LINKEN:
Beim Bundestag soll es ein Lobbyistenregister geben, in dem die dort angemeldeten Lobbyisten für jede und jeden sichtbar sind. Das größte Problem mit Lobbyismus liegt nicht bei Parteien oder im Parlament, sondern in den Ministerien. Gerade im Gesundheits- und im Finanzministerium platzieren Konzerne und Beratungsfirmen eigene Mitarbeiter als Praktikanten. Damit nehmen sie unmittelbar Einfluss auf das Schreiben von Gesetzentwürfen. Über die einmal geknüpften Kontakte haben sie über Jahre hinaus einen exklusiven Zugang in die Ministerien. Diese Praxis der Entsendung von vermeintlichen Experten muss beendet werden. Den Einsatz von Firmenvertretern oder ihren Anwälten in den Ministerien wollen wir komplett unterbinden. Nach dem Ausscheiden aus einem Ministeramt soll eine dreijährige Karenzzeit vergehen, bis ein Konzernjob angenommen werden darf. Unternehmensspenden wollen wir ganz verbieten und Spenden der Bürgerinnen und Bürger bei 25.000 Euro im Jahr deckeln. Firmen sollen nicht mehr gegen eine unverhältnismäßige Gebühr Stände bei Parteitagen anmieten dürfen („Partei-Sponsoring“). Abgeordnete sollen ihre Nebenverdienste auf den Cent genau offenlegen.

5. Keine undemokratischen und unfairen Handelsabkommen abschließen. Abkommen wie TTIP, CETA und JEFTA dürfen den Spielraum für demokratische Entscheidungen nicht einschränken.

Die Position der LINKEN:
Wir haben den Widerstand der hunderttausend Bürgerinnen und Bürger gegen TTIP, CETA und JEFTA unterstützt und werden dies auch weiterhin tun. Wir werden im Bundestag gegen die Ratifizierung dieser Abkommen stimmen. Die EU hat aber noch viele weitere ungerechte Wirtschafts- und Freihandelsabkommen mit afrikanischen, karibischen und weiteren Staaten geschlossen, beutet ihre Ressourcen gnadenlos aus und überschwemmt zugleich ihre Märkte mit den eigenen, subventionierten Produkten. Wir setzen uns dafür ein, dass Rohstoffe angemessen bezahlt und ihre Verarbeitung in den Herkunftsregionen gezielt gefördert wird. Nur so kann dort eine eigene Wertschöpfung entstehen und die Abhängigkeit von multinationalen Konzernen verringert werden. Wenn sich internationale Unternehmen unfair behandelt fühlen, müssen sie vor den zuständigen nationalen Gerichten klagen – und nicht vor internationalen Schiedsgerichten ohne jede demokratische Legitimation. Wirtschafts-, Investitions- und Handelsabkommen dürfen niemals den demokratischen Gestaltungsspielraum der beteiligten Länder einschränken.

6. Steuerflucht konsequent verfolgen und bestrafen. Damit die Demokratie handlungsfähig bleibt, müssen die Steuerverwaltung ausgebaut und das Steuerstrafrecht verschärft werden. Unternehmensgewinne sollen dort versteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden.

Die Position der LINKEN:
Unternehmen, Geschäftsleute und reiche Privatleute schleusen Milliarden am Finanzamt vorbei – durch Steuerflucht, Steuervermeidung und -hinterziehung. Selbst das Bundesfinanzministerium schätzt die Summe aller unversteuerten Einnahmen aus Erwerbs- und Geschäftstätigkeit, also Schwarzgeld, auf mehr als 100 Mrd. € jährlich. Wirksame Gegenmaßnahmen der Großen Koalition? Fehlanzeige. Es gibt zu wenig Personal in den Steuerbehörden. Es gibt wenige Kontrollen von „Hochverdienern“. Auch Deutschland ist eine Steueroase. DIE LINKE will eine Bundesfinanzpolizei aufbauen und das Personal im Steuervollzug aufstocken. Jeder Steuerfahnder bringt etwa eine Million Euro mehr ein, als er kostet! Alle Zahlungen, die in Steueroasen abfließen, belegen wir mit einer Steuer von 50 Prozent. Doppelbesteuerungsabkommen mit unkooperativen Staaten werden sofort gekündigt und ihren Finanzinstituten die Lizenz in Deutschland entzogen. Wer Beihilfe zur Steuerhinterziehung leistet, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Wir erstellen ein online-Transparenzregister über Briefkastenfirmen, in dem auch die Begünstigten und Eigentümer genannt werden. Wir wollen europaweite Mindest-Steuersätze für Unternehmen, um den Wettlauf nach unten zu unterbinden.

7. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv beschleunigen. Die Energiewende wird international bestaunt. Wir müssen sie schnell und entschlossen zu Ende bringen – indem wir Wasser, Wind und Sonne wieder stärker fördern.

Die Position der LINKEN:
Statt in gefährliche und schmutzige Energieträger wollen wir stärker in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz investieren, zum Beispiel in Windkraft, Solarenergie, Blockheizkraftwerke und energetische Modernisierungen von Gebäuden. Vor allem müssen die Ausbaugrenzen für Ökostrom fallen, die die Bundesregierung eingezogen hat. Die Energiewende kann nur erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht gestaltet und von den Bürgerinnen und Bürgern getragen wird. Wir wollen die Energieversorgung bürgernah gestalten und den Profitinteressen von Großkonzernen entziehen. Die Netze gehören in öffentliche Hand. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss mit seinen ursprünglichen, vorwärtsweisenden Instrumenten wie dem Vorrang von Ökostrom bei der Einspeisung und den kostenorientierten Vergütungssätzen wieder hergestellt und um eine soziale Komponente erweitert werden.

8. Einen schnellen Ausstieg aus der Kohle verankern. Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen wir fossile Energien im Boden lassen. Für Deutschland heißt das: bis 2030 raus aus der Kohlekraft.

Die Position der LINKEN:
Wir fordern ein Kohleausstiegsgesetz, mit dem der Ausstieg aus der Kohleverstromung 2018 beginnt. Spätestens 2035 muss der letzte Kohlemeiler vom Netz gehen. Mit dem Gesetz muss der Neubau von Kohlekraftwerken, der Neuaufschluss bzw. die Erweiterung von Braunkohletagebauen unterbunden werden. Um für Beschäftigte und die Wirtschaft der betroffenen Regionen den Wandel sozial zu gestalten, fordern wir einen Strukturwandelfonds in Höhe von 250 Mio. Euro.

9. Massentierhaltung einschränken. Die bäuerliche Landwirtschaft schwindet. Die Tiere leiden. Die Lösung: die Massentierhaltung muss mit scharfen Auflagen drastisch eingeschränkt werden.

Die Position der LINKEN:
Wir wollen eine Nutztierhaltung, die flächengebunden, auf die einheimische Nachfrage bezogen und tiergerecht ist. Wir wollen regionale Wirtschaftskreisläufe stärken statt dem massenhaften Export von Fleisch, das hier unter schlechtesten Bedingungen für Tiere und Beschäftigte produziert wurde und woanders die lokale Fleischproduktion verdrängt. Dafür wollen wir regional festgelegte Bestandsobergrenzen. Formen der Nutztierhaltung, die für die Tiere quälerisch ist, mit dem Einsatz von Wachstumsmitteln und dem massenhaften Einsatz von Antibiotika einhergeht, wollen wir verbieten.

10. Plastikmüll reduzieren. Nichts zeigt den respektlosen Umgang mit unserer Umwelt so sehr wie die Verschwendung von Kunststoffen. Eine Abgabe auf Plastikverpackungen wäre der erste Schritt, den Trend zu stoppen.

Die Position der LINKEN:
Wir wollen eine Ressourcenverbrauchsabgabe für nicht erneuerbare Primärrohstoffe und Einwegverpackungen einführen. Diese Abgabe würde in erster Linie Plastikverpackungen betreffen. Wir wollen mit einem Pfandsystem für Energiesparlampen, Einwegbecher, Mobiltelefone und andere elektronische Geräte einführen, um Wertstoffe effektiver wiederverwerten zu können.