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Für Arbeitszeitverkürzung!
Vor über hundert Jahren galt für Arbeiter noch der 12-Stunden-Tag bis eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich politisch und gewerkschaftlich erkämpft worden ist. Es ist gut und richtig, dass die Arbeitszeitverkürzung bei Vollzeitstellen jetzt wieder zu einer zentralen politischen Auseinandersetzungen wird. Ohne eine Verkürzung drohen jetzt in der Wirtschaftskrise und in den kommenden Jahren Massenentlassungen.
Unsere Gesellschaft wird durch hohe Arbeitsleistung, Innovationen und Technik immer produktiver, aber gleichzeitig arbeiten viele immer mehr und länger, teilweise bis an den Rand der Erschöpfung. Andere würden gerne mehr arbeiten, finden aber keinen passenden Job oder stecken in Teilzeitfallen oder in Minijobs fest. Es ist besser für alle, die vorhandene Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen. Die Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen fordern zum Beispiel „Mehr von uns ist besser für alle“. Der Ökonom Heinz-Josef Bontrup hat erst kürzlich in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau darauf hingewiesen, dass es ausreichend Studien gibt, die belegen, dass, wer kürzer arbeitet oft sogar produktiver wird. Ich denke daher, dass in allen Branchen eine Verkürzung der maximalen Arbeitszeit Sinn machen würde, sowohl in der Industrie als auch dem Dienstleistungssektor.
Allgemein wünschen sich immer mehr Menschen mehr Flexibilität und weniger Druck bei der Arbeitszeit. Während manche Unternehmen auch noch Überstunden erwarten, gibt es ja noch die Arbeit nach und neben der Erwerbsarbeit, etwa die Erziehung von Kindern, die Pflege von Angehörigen, die eigene Weiterbildung oder andere Projekte. Eine allgemeine Verringerung der maximalen Wochenarbeitszeit halte ich daher für richtig. Wichtig ist mir aber nochmal darauf hinzuweisen, dass wir gegenwärtig vor allem über die vielen Menschen in Vollzeitstellen reden. Nicht vergessen werden darf, dass auch viele Menschen in Teilzeit gerne mehr arbeiten würden. Auch über Löhne müssen wir reden, denn es ist untragbar, dass es in Deutschland einen der größten Niedriglohnsektoren Europas gibt und Menschen teilweise mehrere Jobs haben und trotzdem nicht über die Runden kommen.
Aktuell verunsichert die Corona-Krise viele Menschen noch zusätzlich. Die Situation in vielen Betrieben ist unklar und hinter den Kulissen stellen sich Unternehmen auf Insolvenz- und Entlassungswellen ein. Die Kosten der Krise dürfen aber nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Daher darf es Arbeitszeitverkürzung bei Vollzeitstellen natürlich nur mit Lohnausgleich geben. Das würde einer nachträglichen Lohnerhöhung gleichkommen, wäre gerechtfertigt und bezahlbar. Im EU-Vergleich haben sich die Löhne in Deutschland in den letzten 20 Jahren unterdurchschnittlich entwickelt. Viele Beschäftigte mit geringen und durchschnittlichen Einkommen hatten inflationsbereinigt lange Zeit kaum Reallohnsteigerungen. Wenn ihre Löhne steigen, kurbeln sie auch die Binnenkonjunktur an.